Der gläserne Reporter
Der Blogger und Journalist Michalis Pantelouris hat in Griechenland den Tod einer deutschen Sängerin recherchiert und seine Arbeit permanent im Internet dokumentiert. Dramaturgisch ist er mit seiner „Live-Reportage“ gescheitert. Trotzdem lässt sich aus dem Projekt etwas lernen.
journalist 10/2010
Die Geschichte beschäftigt ihn immer noch. Auch Wochen später in seinem Büro in Hamburg, an diesem Konferenztisch, auf dem so viel Papierkram liegt, dass man nicht sagen kann, wie eigentlich die Tischplatte aussieht. Michalis Pantelouris blickt auf seinen Laptop. „Mir ging diese Recherche wirklich nahe“, sagt der 35-Jährige. „Ich habe mich beruflich noch nie so lange mit einem Menschen auseinandergesetzt.“
Auf seinem Bildschirm ist ein verschwommenes Polizeifoto zu sehen. Es zeigt ein Wohnzimmer in Athen. Die Fensterläden sind geschlossen. Vor der Couch steht auf einer Kiste ein Schachspiel, das akkurat aufgebaut zu sein scheint. Genau lässt sich das nicht erkennen. Pantelouris muss immer wieder in die Mitte des Fotos gucken. Dort hängt eine Tote von der Decke. Sie hat sich selbst umgebracht oder wurde in diesem Zimmer aufgehängt, um einen Mord zu vertuschen. „Das ist die Frage“, sagt Pantelouris. Das ist seine Geschichte.
Rund zwei Wochen lang hat der freie Journalist und Blogger die Todesumstände der jungen Frau recherchiert, die Susan Waade hieß und in Berlin geboren wurde. Als 25-Jährige war sie nach Griechenland gezogen, um dort Sängerin zu werden. Pantelouris hat einige Lieder von ihr auf seiner Festplatte gespeichert. Er klickt auf den Titel „Ein Schiff wird kommen“ und eine sanfte Altstimme erfüllt sein Büro. „Susan singt akzentfrei griechisch“, sagt Pantelouris bewundernd. „Und wenn sie deutsch singt, klingt sie wie Melina Mercouri.“
Weiterlesen auf journalist.de