Hoch gehandelt
Der Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung, Bernd Hilder, als MDR-Intendant. Ein Wunsch der sächsischen CDU.
DIE ZEIT, 30. 06.2011
Es ist wie bei der Papst-Wahl: Wer zuerst den Finger hebt, wird es sehr wahrscheinlich nicht. Und so ziert sich Bernd Hilder bei der Frage, ob er denn Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks werden wolle. »Ich bin Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung, und das macht mir viel Freude«, sagt er am Telefon immer wieder – und klingt dabei wie sein eigener Anrufbeantworter.
Der 52-Jährige wird als möglicher Nachfolger von Udo Reiter hoch gehandelt. Vor allem ist er der Wunschkandidat der sächsischen CDU, zu der er gute Kontakte pflegt.
Hilder – geboren im niedersächsischen Bückeburg – war Chefredakteur in Stadthagen und Göttingen, bevor er vor acht Jahren zur Leipziger Volkszeitung (LVZ) kam. Er gilt als Alphatier, seit März 2010 ist er auch Sprecher des Deutschen Presserates. In dieser Funktion sagte er einmal über Journalisten: »Wir haben ein schlechteres Image als Berufskiller.« Sein eigenes Image lässt sich in einem Wort zusammenfassen: konservativ.
In den letzten Wochen hatte es den Anschein, der Chefredakteur hätte lieber einen Polizisten zum Oberbürgermeister als den sozialdemokratischen Amtsinhaber. Seitenfüllend geißelten in der LVZ Landespolizeipräsident Bernd Merbitz (CDU) und der städtische Polizeichef Horst Wawrzynski die Leipziger Drogenpolitik als »tickende Zeitbombe«. Raum zur Rechtfertigung für die Verantwortlichen gab es kaum.
Leipzigs Sozialdemokraten sehen einen möglichen Wechsel Hilders zum MDR mit gemischten Gefühlen. Einerseits gönnen sie ihm den Aufstieg nicht. Andererseits wären sie ihn als Zeitungschef gern los. Die Haltung der SPD könnte entscheidend sein. Ohne die Stimmen linker Politiker kann Hilder nicht Intendant werden, er braucht im Rundfunkrat eine Zweidrittelmehrheit. Und seine eigenen Reihen sind angeblich nicht geschlossen. Konservative aus Thüringen und Sachsen-Anhalt zögern noch: Muss es wirklich ein Mann aus Sachsen ein?
Schon als der Sender vergangenes Jahr einen trimedialen Chefredakteur suchte, hieß es, Hilder habe Interesse. Seine Unterstützer betonen, er kenne die ARD. Bevor er zur Zeitung kam, arbeitete er als Hörfunkkorrespondent in Washington und Mexiko. Ob ihn das befähigt, den MDR in die digitale Zukunft zu führen, ist allerdings fraglich. Damals, Anfang der neunziger Jahre, meinte man beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit »Neue Medien« noch den Videotext.
Als die LVZ vergangene Woche über mögliche Intendanten schrieb, nannte sie auch Bernd Hilder – allerdings nur im Internet. In der gedruckten Ausgabe hatte jemand seinen Namen gestrichen. Die Zurückhaltung muss der mögliche Kandidat noch einige Wochen durchhalten. Die Intendanten-Wahl ist voraussichtlich im September.