Christoph Wonneberger – Der vergessene Held
Ohne die Sanftmut und den Widerstand von Christoph Wonneberger hätte es wohl weder die Friedensgebete noch die Montagsdemonstrationen gegeben. Doch ein Schlaganfall nahm den Pfarrer im Herbst 1989 aus der Wahrnehmung – erst jetzt rückt er wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit.
MDR Figaro, 02.03.2014
Dass am 9. Oktober 1989 der Leipziger Pfarrer Christoph Wonneberger per Telefon in den ARD-Tagesthemen der Welt von der Massendemonstration Kunde gab, war kein Zufall. Er hatte ehedem die Friedensgebete in der Leipziger Nikolaikirche initiiert und damit auch den Impuls für „Wir bleiben hier!“. Einer alten evangelisch-lutherischen Pfarrersfamilie aus Sachsen entstammend, hatte er aus politischen Gründen kein Abitur machen dürfen, den Beruf des Maschinenschlossers erlernt und dann in Rostock Theologie studiert. 1972 in Leipzig ordiniert, nutzte er den Freiraum der Kirche und konfrontierte mit seinen kritischen Gedanken und Ideen nicht nur die Staatsmacht der DDR sondern auch angepasste Würdenträger der Kirchenleitung.
1985 erhielt Wonneberger eine Pfarrstelle in Leipzig-Volkmarsdorf. Er übernahm in der Nikolaikirche die Friedensgebete und sprach offen über Meinungsfreiheit und Demokratie, über Menschenrechte und Umweltzerstörung. Die Unnachgiebigkeit, mit der Wonneberger predigte, ging einigen Vertretern der Kirche zu weit. Christian Führer, Pfarrer der Nikolaikirche, befürchtete eine Einschränkung der Freiheit der Kirche durch die Staatsmacht. Sein Vorgesetzter, Superintendent Friedrich Magirius, entzog Christoph Wonneberger die Koordination der Friedensgebete. Doch nach wochenlangen Protesten der Basisgruppen wurde er als Vertrauenspfarrer wieder eingesetzt. Trotz aller Warnungen und Bitten dachte Wonneberger nicht daran, die Friedensgebete zu entschärfen.