Im Sumpf
Zwei Leipziger Journalisten haben für den Spiegel und für ZEIT ONLINE zur Korruptionsaffäre in Sachsen recherchiert. Sie befragten ehemalige Zwangsprostituierte, die ranghohe Juristen als ihre Freier wiedererkannt haben wollen. Nun stehen die Journalisten in Dresden vor Gericht.
journalist 07/2010
Plötzlich geht es um eine Haftstrafe. „Dafür hatten Sie doch anfangs plädiert“, sagt der Richter. Der Nebenkläger nickt. „Ja selbstverständlich“, antwortet seine Rechtsanwältin.
Amtsgericht Dresden Ende Mai. Auf der Anklagebank sitzen die Leipziger Journalisten Thomas Datt und Arndt Ginzel. Zum ersten Mal in ihrem Leben stehen sie vor Gericht. Für einen Text, den sie mitrecherchiert, aber nicht selbst geschrieben haben. Und für zwei Fragen, die sie nach eigenen Worten auch als Aussagen hätten formulieren können. Haftstrafe. Thomas Datt schüttelt ungläubig den Kopf.
„Wir haben uns nichts vorzuwerfen“, sagt er wenige Tage später in Leipzig. „Wir haben ordentlich gearbeitet“, sagt auch sein Partner Arndt Ginzel. Die beiden freien Journalisten kennen sich mit schwierigen Themen aus. Sie haben zur Leuna-Affäre recherchiert. Einen Film über Angehörige von getöteten Afghanistan-Soldaten gedreht. Vor Gericht geht es nun um einen Aspekt im sogenannten Sachsensumpf. Um Zwangsprostituierte und ihre Kunden. Um die Frage, was geschrieben werden darf. Und es geht um die Ehre. „Am Anfang war ich geradezu beleidigt, als man uns vorwarf, wir hätten schlecht recherchiert“, sagt Datt.
Doch ihre Geschichte ist so unglaublich, dass mancher Krimiautor sie konstruiert finden könnte. Sie reicht zurück ins Jahr 1992, als der Ex-Boxer Michael W. in Leipzig ein Wohnungsbordell mit Minderjährigen betrieb. Bis zu acht Mädchen mussten dort ihre Körper verkaufen. Die Jüngste war gerade einmal 13 Jahre alt. Ende Januar 1993 stürmten Polizisten das sogenannte Jasmin. Der Zuhälter wurde festgenommen und zu vier Jahren Haft verurteilt. Ein relativ mildes Urteil. Das fanden einige schon damals.
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